Der Bischof hat den altersbedingten Rücktritt von Domkapitular Jürgen Lenssen vom November 2016 angenommen und ihn von allen Pflichten entbunden. Eine Verfügung, nach der Lenssen weiter hätte „liturgisch wirken“ können, hätte Friedhelm Hofmann treffen können, hat das aber nicht getan.
Domkapitular Jürgen Lenssen ist, sowohl innerhalb des Klerus, als auch bei den Gläubigen, ein umstrittener Mann. Die einen schätzen ihn, die anderen mögen ihn nicht. Zu den Erstgenannten gehören diejenigen, die jeden Sonntag um 11.30 Uhr zu „seiner“ Messe in den Dom pilgern. Nach Angaben derjenigen, die regelmäßig hier sind, sind es stets zwischen 500 und 700 Menschen – erstaunlich viele in Zeiten leerer Kirchen.
Dom so voll wie am Heiligen Abend
Am Sonntag, 5. Februar, war die Zahl der Gottesdienstbesucher noch deutlich größer. „So voll ist der Dom sonst nur am Heiligen Abend“, sagt der regelmäßige Besucher der 11.30-Uhr-Messe, Thomas Schmied, „das waren weit über 1000 Menschen“. Grund für den Zustrom: Wie berichtet, hatten Lenssen-Fans Unterschriften dafür gesammelt, dass der 69-Jährige auch nach seinem Eintritt in den Ruhestand am 10. Mai weiter diesen Gottesdienst halten kann. Im Januar hatte Lenssen von der Kanzel verkündet, dass ihm dies nach seinem 70. Geburtstag und dem damit verbundenen Eintritt in den Ruhestand im Mai 2017 nicht mehr gestattet sei. Auf Nachfrage der Redaktion, wer das entschieden habe, sagt Lenssen: „Der Bischof.“
Die Pro-Lenssen-Initiative sammelte innerhalb kürzester Zeit rund 1000 Unterschriften. Stellvertretend für ihre Mitstreiter baten Ex-Oberbürgermeisterin Pia Beckmann, ihr Mann Klaus Hiltrop und 15 weitere Unterzeichner Bischof Friedhelm Hofmann um einen Gesprächstermin, bei dem auch die Unterschriftenliste überreicht werden sollte. Der Bitte wurde nicht entsprochen, Hofmanns Sekretär teilte am vergangenen Freitag mit, dass für die Angelegenheit Domprobst und Weihbischof Ulrich Boom zuständig sei.
Offener Brief an den Domprobst
Die Hoffnung der Initiative, im Lenssen-Gottesdienst am vergangenen Sonntag werde das Thema angesprochen, erfüllte sich nicht. Also verfassten die Fans des Seelsorgers nach der Messe einen „Offenen Brief“ an Boom: Der Domprobst möge ihnen mitteilen, ob er „eine Fortsetzung des Domgottesdienstes“ mit Jürgen Lenssen auch nach Mai 2017 ermöglichen werde.
Die Redaktion stellte dem Domprobst über Bischofssprecher Bernhard Schweßinger dieselbe Frage. Die Antwort: Der Bischof habe Lenssens Ruhestandsgesuch angenommen. Für den demnächst 70-Jährigen bedeute dies, „wie auch für alle anderen emeritierten Domkapitulare“, dass er „seitens des Domkapitels weiter die Heilige Messe im Dom auf Anfrage feiern“ dürfe. „Wann und wo“ werde das Domkapitel entscheiden“, wenn eine „entsprechende Anfrage“ vorliege. Bislang habe Lenssen aber keine solche gestellt.
Diskussionen vermeiden
Im übrigen habe Lenssen bereits Anfang Januar an Boom geschrieben, dass seine Dienstzeit „mit dem 10. Mai“ beendet sei, „so dass die hiervon betroffene Messe um 11.30 Uhr“, die er „seit dem 8. Oktober 1989 gefeiert“ hat, auch „mit dem 7. Mai endet“.
Im selben Schreiben an den Domprobst habe Lenssen erläutert, dass er den Bischof gefragt habe, ob er 2017 noch zwei Künstlergottesdienste halten dürfe. Nachdem der Bischof das „erst mit dem Domkapitel“ habe besprechen wollen, habe Lenssen, um „Diskussionen zu vermeiden“, „auf diese Gottesdienste“ verzichtet.
Im Gespräch mit der Redaktion bestätigt Lenssen, dass er dem Bischof am 4. November 2016 seine Emeritierung „gemäß den Statuten des Domkapitels“ angetragen hat. „Jedes Domkapitelmitglied soll bei Vollenden des 70. Lebensjahres den Verzicht auf seine Stelle anbieten“. Nachdem Hofmann nun seinen altersbedingten Rücktritt angenommen habe, sei er „von sämtlichen Pflichten entbunden“.
Keine „anderweitigen Verfügungen“
Allerdings heiße es in den Statuten weiter, dass der Bischof, was die „liturgischen Pflichten“ und „Leitungs- und Verwaltungsaufgaben in der Diözese angeht, „anderweitige Verfügungen treffen“ könne. Dies habe Hofmann nicht getan. „Das muss ich akzeptieren“, sagt Lenssen, „das liegt in seinem Ermessen“.
Die Frage, ob er denn gerne weiterhin die sonntägliche 11.30-Uhr-Messe halten würde, stehe „nicht im Raum“, sagt Lenssen. Hofmann habe „keine Präzedenzfälle schaffen“ wollen und er müsse sich „an das halten, was der Bischof sagt“.
Lenssen betont, dass er im Dom zwar bekannt gegeben habe, dass er nach dem 7. Mai die 11.30-Uhr-Messe nicht mehr halten werde. Damit habe er aber „keine Reaktionen auslösen“ wollen. Soweit sie dennoch entstanden seien, sei er „daran in keinster Weise beteiligt“. #
Nägel mit Köpfen gemacht
Hofmann hat derweil Nägel mit Köpfen gemacht. An diesem Dienstag um 16.42 Uhr ging unter der Überschrift „Bischof nimmt Lenssens altersbedingten Rücktritt an“, eine Mitteilung der Pressestelle des Ordinariats in der Redaktion ein. Hofmann danke Lenssen für seine „langjährigen und guten Dienste“, heißt es darin. In der Mitteilung wird das Wirken Lenssens aufgezeigt und auch nicht vergessen, zu erwähnen, dass sein Schaffen „nicht immer unumstritten“ war.